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Literaturvorstellung: „From the Charm to the Offensive“: Hat China eine neue Außenpolitik?

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Grafik: Deutsche Gesellschaft für Asienkunde e.V.

Schmidt, Dirk: „From the Charm to the Offensive“. Hat China eine neue Außenpolitik?, in: Asien. The German Journal on Contemporary Asia, Nr. 122, Januar 2012, S. 34-56.

Dirk Schmidt, ein ausgezeichneter Kenner der chinesischen Politik von der Universität Trier, plädiert in diesem Aufsatz für eine ausgewogenere und werturteilsfreiere Diskussion über die “neue” chinesische Außenpolitik abseits eines übersteigerten Alarmismus. Die momentan geführte, oft verkürzt auf Tagesaktualität beruhende Diskussion um eine vermeintlich aggresivere, imperialistisch ausgerichtete und zunehmend anmaßende chinesische Außenpolitik sei nach Schmidt zu einseitig. Es gelte vielmehr, derartige Tendenzen differenziert auf verschiedenen Ebenen chinesicher Politik und Mentalität nachzuweisen. Um nachzuvollziehen, wie facettenreich und zuweilen ambivalent die chinesischen Außenbeziehungen sind, bietet er eine Einteilung in vier Deutungsdimensionen an: 1) Die imperiale Dimension der Außenbeziehungen, 2) Die fortwirkenden Kräfte der Interdependenz, 3) Unkonventionelle Außenbeziehungen im Schatten des Imperiums und 4) Guerilla-Außenbeziehungen. Er kommt zu dem Schluss, dass sich Chinas Außenpolitik durchaus in einem gewissen Veränderungsprozess befinde, wenn man sich beispielsweise das Verblassen der westlichen Welt als Ideal und Vorbild für die Chinesen vor Augen führt oder aber die enormen Rüstungsvorhaben analysiert. Jedoch bewertet er China insgesamt wegen internationaler Interdependezen, großer innerstaatlicher Ambivalenzen und einer hohen Störanfälligkeit außenpolitischer Strategien als zumindest noch nicht alarmierend.

“Die Volksrepublik China steht also vor immensen äußeren wie inneren Herausforderungen. Eine innere Destabilisierung ist jederzeit denkbar und wird – je nach auslösendem Ereignis und konkretem Kontext – unterschiedlich gravierend ausfallen. Aber auch die Anfälligkeit der Außenbeziehungen Chinas für abrupte Störungen ist beträchtlich. Die chinesische Führung wird auch in Zukunft der Wahrung ihrer Kerninteressen im Zweifelsfall Vorrang vor multilateraler Kooperation, diplomatischen Rücksichten und globaler Imagepflege einräumen. Gleichzeitig wachsen die Friktionen auf den internationalen Finanz- und Handelsmärkten, die strategischen Rivalitäten mit den USA sowie die Konkurrenz mit anderen bislang führenden Handels- und Technologiemächten (darunter Japan und Deutschland).”

Ein kleiner, selbstkritischer Seitenhieb an die Bloggerszene: Blogs sind keine wissenschaftlichen Publikationen und müssen in ihrer Anlage auf verkürzte Darstellungen und Informationsselektion zurückgreifen. Jedoch müssen sich auch wir Blogger um Ausgewogenheit und thematische Differenzierung bemühen. Die Kritik Schmidts (die sich ja nun nicht nur auf Blogs bezieht) an der zu starken Ausrichtung an publikumswirksamen Einzelereignissen und am Alarmismus  können wir vielleicht beherzigen.

Hier gibt es den Artikel zum Download.


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